In der Lagunenstadt Comacchio dreht sich kulinarisch alles um „Regina Anguilla“. Das nährstoffreiche (brackige) Wasser der nahen Lagunenlandschaft der Region Emilia-Romagna bietet dem Aal den perfekten Lebensraum. Im Italienischen ist Er eine Sie und wurde zu Recht zur „Königin des Po-Delta“ gekrönt. Immerhin hat der wendige Fisch, nur vom Erdmagnetfeld und Rhythmus der Gezeiten geleitet, einen Weg von bis zu 8000 Kilometer durch den Atlantik (Start am Sargassosee) zurückgelegt, wo er als Delikatesse in der Dose landet. Das Design der Konserve hat sich seit den 60er Jahren kaum geändert.
Man isst ihn gegrillt, frittiert, als Suppe oder im Risotto. Konserviert wird der fettige Schmalfisch in einer säuerlichen Essigmarinade mit viel Lorbeer und nach Geheimrezeptur. Die Aalfischer kann man vor Ort besuchen und im Museum „Manifattura dei Marinati“ – dem Originalschauplatz nahe der Unesco-Stadt Ferrara wird seine Geschichte dokumentiert. Schon die alten Römer wussten Aal als Kulinarikum zu zelebrieren und 1955 steckte die rassige Sophia Loren im Schweiße ihres Angesichts und mit glänzendem Dekoltée die weitgereisten Aale auf Spieße. Das Originalszenario diente dem Film „Die Frau vom Fluss“ als rauchschwadernde Kulisse. Jedes Jahr im Herbst werden die Aalfeuer wieder entfacht (Achtung: Es gibt hier keinen Räucheraal) und im mittelalterliche Zentrum Comacchios, das mit seinen Kanälen und Brücken an Venedig erinnert, findet das jährliche „Sagra dell‘Anguilla“ – ein Fest rund um den Aal statt. Sogar aus Japan kommen Köche angereist.
Wenn jemand eine Reise tut und sich in den verwinkelten Gassen Lissabons in kunterbunte Blechschmuckdosen mit delikatem Inhalt verliebt, dann kann daraus ein Ort entstehen, der einmalig in Deutschland ist. Thomas Vetter weiß, dass der hierzulande eher verpönte Dosenfisch im mediterranen Raum wie gut gereifter Wein gehandelt und verkostet wird. Besondere Delikatessen sind die „Jahrgangssardinen“, die lang und locker, umschlossen von allerfeinstem Olivenöl bedeckt in der Dose ruhen müssen. Im richtigen Reifemoment zergehen sie dann zart auf der Zunge. Nur die Besten und Fettesten kommen fangfrisch und von Hand verarbeitet in die Edelkonserve. Ja ok, die Jüngeren haben mehr Biss – am Ende aber eine Frage des persönlichen Gustos. Der Berliner Gastronom mit dem pfiffigen Barett hat alles, was konservenkompatibel ist parat à la carte. Zu den 70 Sardinenarten in den Kategorien „Puristen“, „Klassiker“ und „Extravagante“ gesellen sich weitere 50 Fischsorten wie Makrelen, Thunfisch oder auch Miesmuscheln. Weitere Insider: Spezialitäten wie Dorschleber (Foie de Morue) oder Bacalhau (Stockfisch), uns bekannt als getrockneter Kabeljau.
Vetter kennt seine im Atlantik beheimateten Schwarmdfischlein aus den Conserverias in Portugal, Spanien und Frankreich (Bretagne und Vendée) bestens – hat sie ausgiebig studiert und gekostet. Das will er nun teilen und hat deutschlandweit das erste Feinkostbistro für Fischkonserven eröffnet. Sein Ladenkonzept mit dem gerad-flossigen Namen „Sardinenbar“ ist genial einfach. Der Fisch wird auf einem speziell gefertigten Holzbrettchen mit Spezialeinlassung für die Dosen (nebst Magnet gegen Rutschgefahr) mit Salat und Brot serviert. In der gründlich gereinigten Dose, von der bereits unzählige an den Wänden prangen, wird die Rechnung präsentiert. Das Mitnehmen als Souvenir ist ausdrücklich erlaubt. Die Auswahl ist groß und es fällt schwer sich zu entscheiden, ob man die Fischlein lieber mit kandierter Zitrone, Bayonner Schinken, Schwarzen Trüffeln oder einem Muscadet genießen möchte. Die gesunde Portion Omega-3-Fettsäure nebst Vitaminen ist gratis inklusive. Info: Keine der Fische sind vom Aussterben bedroht. Nur nachhaltig gefischter Thunfisch.
Tatort: Saint-Gilles-Croix-de-Vie. Hunderte von Frauen köpfen mit sicherer Hand, enormer Feinmotorig, spitzen Scheren und speziellen Messern silberglitzernde Sardinen wie kostbare „Götterperlen“, Garniert mit einem Zitrönchen landen sie im goldenen Sarkophag. Schon seit 1820 ist diese weibliche Fingerfertigkeit gefragt (die Männer waren mit ihren bunten Sardinenkuttern auf See). Die erste Fischkonservenfabrik wurde zwar in Nantes gegründet – aber im Vendée hat sich das Unternehmen „La Perle des Dieux“ am größten Sardinenhafen Frankreichs als bestes seiner Art etabliert. Das „Label Rouge“ ist die Topauszeichnung für Tradition und Qualität. Die Dosen werden von Künstlern gestaltet und als Sammlerstücke kollektioniert.
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