Bei 24-Stunden-Langstrecken-Rennen geht’s ums Ganze: Ausdauer, Geschick und stahlharte Nerven spielen hier eine ebenso wichtige Rolle wie ein Quäntchen Glück. Die Atmosphäre ist geladen und gleicht eher einem Festival als einem gewöhnlichen Autorennen. Die Spannung bleibt bis zum Ende hoch, denn Gewinner lassen sich noch weniger als bei klassischen Autorennen im Voraus prognostizieren. QUALITY war bei den weltbekannten 24-Stunden-Rennen in Le Mans und am Nürburgring live mit dabei.
Das 24-Stunden-Rennen Le Mans fand 2017 zum 85. Mal in der Region Pays de La Loire in Frankreich statt. Als ältestes Autorennen der Welt blickt es auf eine lange Tradition zurück. Seit 1923 treten hier die besten Sportwagen gegeneinander an. Ein 24-Stunden-Rennen eignet sich bestens für die Hersteller, Belastbarkeit und Entwicklungsstand ihrer Fahrzeuge vor einem breiten Publikum zu präsentieren.
QUALITY konnte das Gewinnerauto des Rennens von 2015 – den Corvette C7 – in der jetzt erhältlichen Straßenversion Z06 C7 testen. Von Berlin ging es mit dem Rennwagen nach Le Mans. Mit kleinem Gepäck, denn großes ist sowieso nicht gefragt, fahren wir die Corvette laut gurgelnd und röhrend über 1.200 Kilometer bis zu unserem Ziel. Die Corvette Z06 C7, vielfach ausgezeichnet für ihren Sound, ist auch optisch ein echter Hingucker, der alle Blicke auf sich zieht. Man hört ihn, sieht ihn, nimmt ihn sofort wahr. Gelb mit prägnanten schwarzen Streifen, die längs über das gesamte Fahrzeug laufen, so sieht ein Statement aus.
Lässig zieht die Corvette an 100en von Fahrzeugen vorbei. Man zollt Respekt. Die 24 Stunden vor dem 24-Stunden-Rennen sind unvergleichlich. Beschleunigung, aufheulen der Motoren, rassiges Fahrverhalten, das ist das eigene Race.
Oberste Anforderung an den Fahrer: Selbstbewusstsein! Ein Blick auf das Datenblatt lässt keine Wünsche offen: 659 PS, 8 Zylindern und 6,2 Liter Hubraum sprechen ihre eigene Sprache. Selbst als routinierter Testfahrer ist man von der äußerst schnellen Beschleunigung und dem entspannten Fahrverhalten bei hoher Geschwindigkeit hingerissen.
Die Liste der zugelassenen Fahrzeuge in Le Mans liest sich wie ein Who-is-Who der besten Marken. Neben Corvette dominieren Aston Martin, Ferrari und Porsche die vordersten Ränge. Wer Le Mans als Nebenveranstaltung zu den großen Formel 1-Rennen mit bekannten Fahrern sieht, irrt sich gewaltig. Fast 250.000 Besucher kamen in diesem Jahr wieder in die französische Provinz, um beim legendären 24-Stunden-Rennen dabei zu sein. Rummelplatz und karnevalsartige Atmosphäre mit Riesenrad inklusive. Lediglich die Stripclubs wurden nach außen verlagert.
Selbst wenn die Fahrer oft nur Insidern bekannt sind, handelt es sich keineswegs um ein Event für Amateure. Trotz aller Professionalität schafft es Le Mans, ist das Drama des Unberechenbaren stets präsent. Hier kommt es vor, dass der Motor eines Rennwagens den Geist aufgibt oder auf halber Strecke wegen schlechter Witterung steckenbleibt. Was Le Mans ausmacht, ist die Vielfalt, die sich sowohl in der Größe und Geschwindigkeit der Rennmaschinen und im Alter der Fahrer von 19 bis 62 Jahren widerspiegelt. Da braucht man bei 60 Startpositionen und 180 meist unbekannten Fahrern keine Tricks, um für Spannung zu sorgen. Fans sprechen gerne vom 24stündigen Entfalten 60 persönlicher Geschichten. So war es auch in diesem Jahr lange nicht klar, wer das Rennen beim Umfahren des 13,5 Kilometer langen „Circuit des 24 Heures“ am Ende für sich entscheiden wird.
Trotz zweistündigen Fahrerwechseln stehen 24 Stunden Anspannung pur bevor. Um das zu meistern, braucht es neben hoch konzentrierten Fahrern auch ein perfekt aufeinander eingespieltes Boxenteam und eine ausgefeilte Logistik, die im Hintergrund arbeitet.
Gesamtgewinner von Le Mans war in diesem Jahr das Team um Timo Bernhard im Porsche 919 Hybrid (LMP1). Der Porsche von Timo Bernhard hatte mit großen Problemen zu kämpfen: Die gesamte Motor-Getriebe-Einheit musste ausgetauscht werden, das Fahrzeug fiel zwischenzeitlich auf Platz 55 zurück. Dass Porsche es von dort wieder zur Pole Position schaffte, grenzt an ein Wunder.
Besonders spannend wurde es beim Finish der LMGT-Pro-Klasse. Jordan Taylor im Chevrolet Corvette C7 und Jonny Adam im Aston Martin Vantage GTE lieferten sich ein regelrechtes Duell. In den letzten Minuten begann ein harter Kampf. Beide Fahrer kamen fast gleichzeitig zum letzten Boxenstopp. Taylor’s Corvette ging kurz darauf in Führung – für viele Zuschauer war er damit schon Gewinner des Rennens. Doch gerade in der vorletzten Runde verbremste sich Taylor und zog sich so – knapp vorm Ziel – einen Schaden am Vorderreifen zu. Damit war der Weg für Adam frei. Taylor hätte sonst den Gewinn in seiner Kategorie für sich entscheiden können. Zumindest wurde Corvette verdientermaßen für den besten Motoren-Sound ausgezeichnet. Ein Sound, der auch allen Corvettes mit Straßenzulassung zueigen ist.
Selbst wenn Le Mans, als Vater aller 24-Stunden-Rennen, einen Sog besitzt, den man schwer replizieren kann, so hat auch das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring seinen eigenen Charme. Regelmäßig und in diesem Jahr zum 45. Mal bringt die 25 Kilometer lange Kombination aus Nordschleife und Grand-Prix-Strecke Mensch und Maschine einen Tag und eine Nacht an ihre Grenzen. Mehr als 200 Fahrzeuge waren am Start, um eine Gesamtstrecke von 25.378 Kilometer zurückzulegen. Durch schwer einsehbare Kurven, häufig wechselnde Fahrbahnbeläge, tückische Kuppen und starke Neigungen hält die Strecke viele Schwierigkeiten für die Fahrer bereit. Da verwundert es nicht, dass Formel-1-Pilot Sir Jackie Steward die Strecke an der pittoresken Burgruine schon vor Jahren als „Grüne Hölle“ bezeichnete.
Die Herausforderungen in diesem Jahr waren noch schwieriger als sonst. Mit Temperaturen von über 30 Grad und einem heftigen Gewitterregen spielte das Wetter den Fahrern nicht in die Karten. Doch die Stimmung blieb auf Hochtouren. Von Mittwoch bis Sonntag wurde um den Nürburgring herum quasi durchgefeiert. Zehntausende Fans in riesigen Zeltstädten feierten die Sonne, das Bier, die Musik und das Rennen in den Party-Hochburgen Schwalbenschwanz, Brünnchen und Karussell.
Auch für QUALITY waren es sehr intensive 24 Stunden. In glühender Hitze, bei ohrenbetäubendem Rennlärm, inmitten bierseliger Raver mit Bauchmuskel- trainierenden Bassboxen, stylischen Grid-Girls sowie angespannten Boxen- und Security-Crews. Die Woodstock-artige Atmosphäre erinnerte dabei mehr an Rock-Festivals als an Autorennen.
Als einer der Hauptsponsoren war Falkenreifen gleich mit zwei Rennfahrzeugen am Start: Dem Porsche 911 GT3 R sowie dem BMW M6 GT3. Obwohl sie zum ersten Mal beim BMW eingesetzt wurden, belegte Falken auf Anhieb den 8. Platz. Beide Wagen konnten sich trotz hoher Außentemperaturen früh auf die vorderen Plätze arbeiten. Reifenabbau wegen Hitze? Hier Fehlanzeige. Der Porsche fiel leider wegen einer Kollision später aus dem Rennen.
Der Gewinner war auch am Nürburgring schwer vorherzusagen. Ein Elektronikproblem an einem Sensor ließ Team „Land Motorsport“ für längere Zeit aussetzen. Das Rennen schien damit eigentlich gelaufen. Ein Wolkenbruch kurz vor Schluss änderte die Situation jedoch grundlegend. Da einige der führenden Rennwagen wegen Splash-and-Dash an die Box mussten, war der Weg zum Sieg für Land Motorsport und ihren Audi R8 LMS frei. Ein verdienter Sieg auf Umwegen. Auf Platz 2 landete das Team „Row Racing“ mit ihrem BMW M6 GT3. Obwohl beide Rennen über 24 Stunden dauerten, waren es mal wieder die letzten Minuten, die hier für richtig viel Spannung und unerwartete Gewinnerteams sorgten.
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