Von Anton Hart
Think Tanks: der Begriff ist vielen geläufig, aber was verbirgt sich dahinter? Die im Deutschen gern als „Denkfabriken“ bezeichneten Think Tanks sind Institute, in denen zumeist Wissenschaftler in Forschungsarbeiten Strategien entwickeln, um gedanklichen Einfluss auf die Politik und Wirtschaft zu nehmen. Oftmals auch, um die Türen in eine visionäre und aus Ihrer Sicht bessere Zukunft aufzustoßen.
Einer der weltweit einflussreichsten Think Tanks ist das „Aspen Institute“. Überparteilich und ohne direkte politische Verbindungen soll hier den schwierigen Fragen der Gesellschaft nachgegangen werden. Das Institut wurde 1950 von Walter Paepke, einem amerikanischen Unternehmer deutscher Herkunft in Aspen, Colorado gegründet. Damals war die Stadt kaum mehr als ein Bergbauerndorf. Paepke war aber so von der landschaftlichen Schönheit und Klarheit der Berglandschaft Colorados ergriffen, dass er 1949 – zum 200. Jahrestag Goethes – 2.000 illustre Gäste zu einer Konferenz nach Aspen brachte. Unter anderem waren Albert Schweizer, José Ortega und Arthur Rubinstein dabei. Im Jahr darauf wurde das Institut gegründet. Die Kleinstadt Weimar schien hierfür Beispiel zu stehen. Laut Paepke sollte ein Forum entstehen, wo nicht nur wissenschaftlich geforscht wird, sondern wo auch menschliche Seelen im Austausch miteinander glühen. Die Romantik scheitert oft an ihren eigenen Idealen. Paepkes unternehmerischer Pragmatismus sorgte aber dafür, dass es mit dem Institut auch in der Realität funktionierte. Heute ist das „Aspen Institute“ nicht nur in seiner Heimatstadt, sondern auch in allen großen Hauptstädten der Welt vertreten: wie z. B.in Berlin, wo regelmäßig Seminare gehalten werden.
Um eine breite Öffentlichkeit ansprechen zu können und von dem Beigeschmack als Institut kleiner Eliten zu befreien, erfand man 2005 das „Aspen Ideas Festival“. Man kann sich das A.I.F. wie eine Mischung aus Kongress und TED Veranstaltung vorstellen. Hier treffen Wissenschaftler mit Politikern, Künstlern, Wirtschaftsführern und Aktivisten zusammen. Viele Inhalte werden hier von Forschern erstmals vor breiterem Publikum präsentiert und später für alle Interessierten online zugänglich gemacht. Key Speakers der letzten Jahre gehen von Bill Clinton über Stephen Breyer bis Paul Ryan.
Das A.I.F. ist eine gelungene moderne Interpretation von Paepkes ursprünglicher Idee. Denn auch wenn Einzelpräsentationen einen Teil des Festivals ausmachen, so sind gerade die Podiumsdiskussionen verschiedener Teilnehmer das, was das A.I.F. für viele so interessant macht: das Aufeinandertreffen verschiedener Meinungen aus unterschiedlichen Fachrichtungen. Beim Schaffen neuer Ideen geht es weniger darum, fertige Konzepte zu präsentieren, als aktiv im Austausch mit anderen neue Lösungen zu finden.
Das Festival hat eine große Bandbreite an Themen. 2017 war thematisch den globalen Konflikten, Klimawandel, Kreativität, Internet und Ethik gewidmet. Das Thema „Health“ stand sogar an den ersten vier Tage des Festivals im Mittelpunkt. Gerade hier warf der multidisziplinäre Ansatz interessante Fragen auf. Bei der Erbgutforschung geht es beispielsweise nicht nur darum die medizinischen Möglichkeiten aufzuzeigen, sondern auch die ethischen Konsequenzen zu analysieren. Ein Eingriff in den Genom scheint vielen heute bei erblich bedingten Krankheiten wie ein moralischer Imperativ. Doch gerade hier ist nicht absehbar wohin die Konsequenzen führen. Denn greift man erstmals in das Genmaterial ein, ist es schwierig die moralische Trennlinie zu ziehen. Warum sollte man beim Bekämpfen von Krankheiten aufhören und nicht auch wünschenswerte Eigenschaften in Neugeborenen fördern? Ein heikler und nicht unbedingt wünschenswerter Pfad, den man mit der Eugenik betritt.
Mit der Zeit könnte sich das Verständnis, was es heißt Mensch zu sein, grundlegend verändern. Die neue Kreation Mensch, würde nicht zuletzt auch Veranstaltungen wie das Aspen Ideas Festival bald unnötig machen, denn hier geht es um das Aufeinandertreffen gegensätzlicher Stimmen, die im Austausch miteinander etwas erreichen können.
Fotos: © Aspen Institute
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